Der Genius Act stellt die Weichen für Stablecoins in den USA. Was steckt dahinter und wo steht die Schweiz? – Bitcoin Switzerland News
Der Genius Act ist das erste US-Bundesgesetz, das Stablecoins umfassend reguliert. Ein Stablecoin ist eine digitale Währung, deren Wert an eine Fiatwährung wie den US-Dollar gekoppelt ist. Der Act definiert klare Anforderungen an Emittenten, darunter:
- 100% Reservepflicht: Stablecoins müssen vollständig mit US-Dollar oder gleichwertigen liquiden Mitteln gedeckt sein
- Verbot von Zinsen: Emittenten dürfen keine Rendite auf Stablecoins zahlen
- Lizenzpflicht: Nur regulierte Institute dürfen Stablecoins ausgeben
- Verbraucherschutz: Rücktauschgarantie
Der Act zielt darauf ab den US-Dollar als digitale Leitwährung zu verankern, indem nur USD-basierte Stablecoins erlaubt sind. Gleichzeitig wurde digitales Zentralbankgeld verboten.
Und die Schweiz?
Die Schweiz hat zwar früh regulatorisch reagiert, etwa mit dem DLT-Gesetz und der FINMA-Kategorisierung von Token, aber es gelten strengere Vorschriften für Stablecoin-Emissionen:
- Herausgebende Unternehmen benötigen eine Banklizenz,
- alle Kunden müssen sich vollständig identifizieren,
- strenge Kapitalanforderungen
Diese Regeln kommen einem faktischen Verbot gleich. Oder glaubt jemand, dass es heute Netflix gäbe, wenn man Streaming verboten hätte und die einzigen Rechte Streaming anbieten zu dürfen an Videotheken vergeben hätte?
Während Anbieter wie Tether in den USA Milliarden verdienen, bleibt die Schweiz regulatorisch isoliert; sie droht, Innovationen zu verpassen.
Was bedeutet der Boom von Stablecoins für die grossen Wall Street Banken? Wo ist das Geschäftsmodell in Gefahr?
Stablecoins greifen Banken dort an, wo für viele immer noch originär ihr Geschäft herkommt: im Zahlungsverkehr. Stablecoins ermöglichen Transaktionen rund um die Uhr, global über Grenzen hinweg und ohne Intermediäre – und somit ohne Gebühren für Überweisung, Wechselkurse oder Settlement. Was früher exklusiv über Banken lief, kann heute ohne Intermediäre direkt über Wallets und Smart Contracts abgewickelt werden. Nicht nur, dass Banken eine wichtige Quelle für ihre Refinanzierung verlieren, sondern auch ihr wichtigstes Gut: die Kundenbeziehung. Nutzer verstehen zunehmend, dass sie zukünftig nur noch ein Wallet brauchen, Bankkonten könnten zunehmend zu etwas werden, was die jüngere Generation nicht mehr kennt.
Grundsätzlich reagieren alle Wall Street Banken auf das Thema und haben eigene Projekte rund um Stablecoins gestartet. Allerdings existiert ein großes Dilemma: Ignorieren die Banken Stablecoins, wird die Entwicklung der zukünftigen Kapitalmärkte ohne sie ablaufen. Was also tun? Einen eigenen Stablecoin lancieren? Damit disruptieren sie sich selbst. Aber es hilft nichts: Wer Stablecoins als Vehikel für neue Services versteht (z. B. tokenisierte Geldmarktprodukte, On-Chain-Collateral, programmierbare Zahlungen), kann profitieren. Wer sie ignoriert, wird es schwer haben.
Wie wappnen sich Spieler?
Zahlungsanbieter: Mastercard hat eine globale Infrastruktur für Stablecoin-Zahlungen von Wallet bis Checkout angekündigt. Visa testet Stablecoin-Transaktionen auf Ethereum und Solana. Beide versuchen, sich als Brücke zwischen Fiat und Blockchain zu positionieren, bevor sie von neuen Playern verdrängt werden. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten, diese Gruppe von Spielern wird von Stablecoins frontal angegriffen.
E-Commerce: Amazon, Shopify und Walmart prüfen eigene Stablecoin-Modelle, um Kreditkartengebühren zu umgehen und Zahlungsdaten selbst zu kontrollieren. Die Gebühren für Mastercard & Co einzusparen scheint ein derart starker use-case, dass man kaum Gründe findet, warum dies nicht die neue Realität werden wird.
Asset Manager: Diese – insbesondere in den USA – haben angefangen die Vorzüge zu verstehen. Nicht umsonst sind sogenannte tokenisierte Money Market Funds gerade ein heißes Eisen.
Visa, Mastercard, Amex und andere dominieren die Paymentbranche. Was heisst der Stablecoin-Boom für diese Spieler?
Stablecoins sind für Visa & Co. ein struktureller Angriff auf ihr Geschäftsmodell. Denn sie eliminieren genau das, worauf klassische Zahlungsnetzwerke basieren: Intermediäre & Gebühren.
- Kostenersparnis für Händler:
Stablecoin-Zahlungen erfolgen ohne Interchange Fees. Händler wie Amazon oder Shopify prüfen eigene Stablecoin-Modelle, um sich von den 2–3 % Kreditkartengebühren zu befreien - Zeit:
Stablecoin-Zahlungen erfolgen nahezu in Echtzeit. - Kontrollverlust über Zahlungsströme:
Wenn Zahlungen direkt über Wallets und Smart Contracts laufen, verlieren Visa und Mastercard nicht nur Transaktionsvolumen, sondern auch die Datenhoheit. Das bedroht ihr Geschäftsmodell weit über den Zahlungsverkehr hinaus.
Fazit:
Stablecoins sind für Visa & Co. das, was Netflix für Videotheken war. Die Kartenriesen müssen sich neu erfinden, oder riskieren, dass andere das für sie tun.
Wann kommt der normale Bürger in Kontakt mit dem Thema? Wie kann man ihn vom Thema begeistern?
Stablecoins sind kein Produkt, das man „kauft“, sie sind Infrastruktur. Der normale Bürger wird sie erleben, wenn sie in Apps eingebettet sind, die er ohnehin nutzt: für Reisen, Online-Shopping oder Peer-to-Peer-Zahlungen. Die Nutzeroberfläche bleibt gleich – nur die Abwicklung wird schneller, günstiger, globaler.
Diese Anwendung wird vor allem von der Unternehmensseite getrieben – und das kann schnell gehen: Sobald Amazon einen eigenen Stablecoin lanciert, wird es ausreichend Wege finden, diesen über Incentivierungsprogramme an ihre Kunden zu verteilen. Sie könnten einfach „halbe halbe“ von den Mastercard-Gebühren machen.
Im Idealfall kommt der Bürger damit in Kontakt, bemerkt aber nicht den Unterschied, ob es ein USD oder ein USDC ist. In diesem Fall würde die sogenannte singleness of money gelten – eine Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Funktionieren von Geldsystemen.
Ob Infrastruktur, Investment oder Intermediär – Stablecoins verändern die Spielregeln.
Wer heute noch glaubt, sie seien nur ein Nischenthema für Krypto-Enthusiasten, verkennt ihre strategische Tragweite. Die Frage ist nicht, ob Stablecoins kommen, sondern wie schnell sie sich im Alltag durchsetzen. Wer sich rechtzeitig positioniert, gestaltet die Zukunft des Geldes mit.